Ein Bericht von Andrea Schröder, Kursteilnehmer

Michael Heinze, Heidrun Manthey und Stephan Mahn (von links) üben mit Ruderwartin Beate Gädeke im Vierer.

„Muss ich außer Sportklamotten noch was mitbringen?“, schicke ich am Abend vor meinem ersten Schnuppertraining noch eine WhatsApp an den Vorsitzenden der Ruderriege Mathias Schulz. „Ja, bitte eine zweite Garnitur an Klamotten. Kentern wäre möglich. Und das Wasser ist immer noch nass.“ Guter Vorschlag, denke ich mir nichts Schlimmes dabei. Dann ist der Montagabend angebrochen. Ich fahre zum Schnupperkurs auf die Spülinsel, wo die Havelberger Ruderer ihr Domizil haben. Andere Interessierte sitzen bereits auf den Ruderergometern und steigen gleich mit Ruderwartin Beate Gädeke in einen Vierer. Für sie ist es das vierte Schnuppertraining. Das Ergometer dient nur noch zum Aufwärmen, die Bewegungen haben sie schon intus.

 

 

 

 

 

 

Nur Sabine Kripke und ich bleiben noch etwas länger darauf. Schieben erst die Beine nach hinten, nehmen dann die Arme zurück, versuchen auch schon, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden. Dann geht‘s ans Wasser. Der Einer liegt am Steg. Sabine steigt hinein. Für sie ist es das zweite Schnuppertraining. Ich beobachte gespannt jede Bewegung, höre genau zu, was Mathias sagt. Oh Mann, worauf habe ich mich da eingelassen. Dann soll ich ins Boot. Der rechte Fuß steht auf dem schmalen Holzsteg, auf dem der Rudersitz entlangfährt. Ist gar kein Platz mehr für den zweiten Fuß. Wie soll ich in das Boot kommen? Ich sehe mich schon im Wasser liegen. Doch ich komme irgendwie hinein, halte die Skulls, wie die Ruder heißen, in meinen Händen. Die Ruderblätter flach auf dem Wasser. Diese wichtigste Regel habe ich mir gemerkt. Es funktioniert. Das Boot schaukelt nicht mehr. Mathias hält die Leine, das Boot kann nicht weg. Aber doch immer noch umkippen?Ich probiere meine ersten Ruderschläge. Den linken Skull leicht vorn über dem rechten. Die Daumen locker am Griff. Hände nach vorn. Ruder senkrecht ins Wasser. Dabei kippen die Handgelenke nach vorn. Erst mit den Beinen schieben, dann die Arme an den Körper ziehen. Der erste Zug ist geschafft. Handgelenke wieder nach hinten. Die Ruder liegen flach auf dem Wasser. Der Körper geht wieder in Ausgangsstellung. Jede falsche Bewegung beantwortet das Boot mit Wackeln. Aber ich weiß ja: Ruder flach aufs Wasser, dann passiert nichts. Sabine und ich überstehen diese Rudereinheit an der Leine trocken. Auch wenn wir noch Respekt haben, sind wir uns einig: Es macht Spaß.

 

 

 

 

 

 

 

 

Rhythmus finden

Am nächsten Montag sind wir wieder am Bootshaus. Die Fortgeschritteneren gehen mit Beate gleich aufs Wasser. Sabine und ich trainieren noch mal auf dem Ergometer unseren Rhythmus. Dann geht‘s in den Zweier. Das größere Wanderboot aus Holz sieht vertrauenswürdiger aus. Ich habe dieses Mal nicht die dicken Laufschuhe an. Dünne Stoffschuhe habe ich rausgesucht. Sie glitzern. Vielleicht nicht ganz passend. Aber schmaler als die anderen und somit besser, um ins Boot zu steigen. Ich gehe nach vorn, Sabine nach hinten. Mathias setzt sich in den Bug. Er gibt uns den Rhythmus vor: Eins, zwei, drei oder eins, zwei, Schub. So langsam geht das in uns über. Nur selten verhaspeln wir uns, müssen wieder in die Ausgangsstellung gehen.Wir fahren vom Winterhafen aus unter der kleinen Brücke zur Havel. Wir müssen am Yachthafen nicht darauf achten, ob unsere knapp drei Meter langen Skulls gut an den Booten vorbeikommen. Unser Trainer hat alles im Blick. Die untergehende Sonne färbt den Himmel rot. Es weht kein Lüftchen. Das Wasser ist ganz ruhig. Mitten auf der Havel, die wir ganz für uns allein haben, üben wir schon das Rückwärtsfahren und Wenden. Gut, dass Mathias Hinweise gibt, welche Hand wann nach vorn und nach hinten zu kippen hat, damit die Ruderblätter zur rechten Zeit und auf der richtigen Seite flach oder senkrecht im Wasser liegen. Nicht mal das Motorboot, das auf der Havel plötzlich ankommt, stört uns wirklich. Wir erreichen wieder den Winterhafen. Der Abendhimmel ist inzwischen tiefrot. Doch sobald wir uns das anschauen, verlieren wir den Rhythmus. Auch, als wir schauen, ob sich die Passagiere in der großen „Königsstein“, die in Höhe der Touristinfo angelegt hat, schon zum Abendessen fertig machen. Aber wir haben ja Mathias und finden so schnell wieder hinein in unsere Ruderschläge. Fotografieren können wir das alles auch nicht, Handy und Fotoapparat blieben natürlich vorsichtshalber an Land.

Wie Fahrrad fahren

Konzentration ist wichtig beim Rudern. Das erfahren wir noch mehr, als wir uns am nächsten Montag in den Vierer setzen. Mit Stephan Mahn und Steffen Ramisch sowie Mathias als Steuermann rudern wir dieses Mal ein Stück Richtung Nitzow und dann die Havel aufwärts durch die Sandauer Brücke bis zum Stadtgraben. Da wird es eng. Doch wir kommen richtig gut durch, bleiben im Rhythmus. Die vier Ruderblätter auf jeder Seite ziehen recht gleichmäßig durchs Wasser. Keine mexikanische Würfelbude mehr, lobt uns Mathias. Stefan, Steffen, Mathias und Beate treffen sich am Sonntag zu einer Wanderruderfahrt nach Nitzow. Alle anderen haben an dem Tag leider anderes vor, wollen aber am Sonnabend, 27. Oktober, beim Abrudern der Ruderriege mit dabei sein. Um 14.30 Uhr wollen sie den Ruderern zeigen, was sie schon gelernt haben. Fakt ist: Alle hatten richtig viel Spaß und werden wohl im Frühjahr noch mal am Schnupperkurs teilnehmen. Wir wollen die Routine bekommen, um auch sagen zu können, dass es beim Rudern tatsächlich wie beim Radfahren ist. Da fragt man sich, wenn man es kann, auch nicht mehr, warum man nicht umkippt.

Text und Fotos: Andrea Schröder, Volksstimme


Abschlussfahrt nach Nitzow: